Institut für Geologie

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Der älteste See Europas dokumentiert über eine Million Jahre Klimageschichte

4.9.2019

Ein multidisziplinäres Grossprojekt mit Beteiligung des OCCR zeigt, dass der Ohrid See im Südbalkan tatsächlich der älteste See Europas ist. Eine im Fachmagazin «Nature» veröffentlichte Studie belegt, dass der See vor 1,36 Millionen Jahren entstanden ist und über diesen Zeitraum kontinuierlich Klimadaten aufgezeichnet hat.

Plattform Leicher
Bohrplattform: ICDP’s DLDS Bohrplattform auf dem Ohridsee während der wissenschaftlichen Tiefbohrung 2013, Galicica Gebirge im Hintergrund. (c) Niklas Leicher

Der Ohrid See liegt an der Grenze zwischen Albanien und Nordmazedonien und galt schon länger als einer der ältesten der Erde. Nun hat ein wissenschaftliches Tiefbohrprojekt, an dem 47 Forscherinnen und Forscher aus 13 Nationen beteiligt waren, diese Vermutung bestätigt. «Wir können belegen, dass der See vor etwa 1,36 Millionen Jahren entstanden ist und seitdem kontinuierlich existierte», erklärt der Geologe Hendrik Vogel vom Institut für Geologie der Universität Bern. Er ist Mitglied des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung und war einer der beiden Leiter der Studie. «Wir waren begeistert, als wir realisierten, dass wir einen der längsten und vollständigsten Seesedimentkerne gebohrt hatten», sagt Vogel, «jeder Klimaforscher träumt davon, hochaufgelöste regionale Klimadaten von über 1,3 Millionen Jahren zu erhalten.»

Die Bohrung im Jahr 2013 stiess in einer Wassertiefe von 245 Metern 568 Metern tief in die Sedimentablagerungen vor. Sie war damit eine der erfolgreichsten Seebohrungen, die je im Rahmen des International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) durchgeführt wurden. Nach fünf Jahren Untersuchungen an den Bohrkernen hat das Forschungsteam um Hendrik Vogel und Bernd Wagner von der Universität zu Köln soeben die Ergebnisse ihrer Studie in der Fachzeitschrift «Nature» publiziert: Titel «Der Winterregen im Mittelmeerraum verlief in den vergangen 1.36 Millionen Jahren gleichphasig mit dem afrikanischen Monsun». 

Die gebohrten Sedimentkerne stellen ein wertvolles Archiv der regionalen Klimageschichte dar, zum Beispiel für Niederschläge. Die einmaligen Datensätze zu vergangenen Regenfällen lassen sich direkt mit den Resultaten von Klimamodellen vergleichen. «Unsere Forschung trägt dazu bei, die Ursachen von Veränderungen im Niederschlag besser zu verstehen und die künftigen Auswirkungen des Klimawandels besser vorherzusagen», so Geologe Vogel. 

Klimatische Verbindung zwischen Mittelmeerraum und tropischem Afrika

Die aus den Sedimentkernen gewonnenen geochemischen Daten und Pollenvorkommen zeigen für die vergangenen Warmzeiten im nördlichen Mittelmeerraum eine deutliche Erhöhung der Winterniederschläge. Das mediterrane Klima ist durch starke saisonale Kontraste zwischen trockenen Sommern und feuchten Wintern gekennzeichnet – und es hat Auswirkungen auf das Wetter tausende von Kilometern entfernt. «Wir haben entdeckt, dass Winterniederschläge im Mittelmeerraum und Sommerniederschläge des afrikanischen Monsuns gleichzeitig verstärkt auftreten», erklärt Hendrik Vogel, «es besteht also eine Verbindung zwischen dem Klimasystem der Tropen und den Regenfällen im den Mittleren Breiten.»

Warmphasen im Norden bringen mehr Regen im Winter

Immer wenn es in der Vergangenheit auf der Nordhemisphäre der veränderten Sommersonneneinstrahlung wegen zu Warmphasen gekommen sei, so Vogel, habe sich das tropische Klimasystem nordwärts bewegt, und am Ohridsee habe es im Winter mehr geregnet. Als möglichen Mechanismus führt Vogel die höheren Wassertemperaturen des Mittelmeers und die geringere Temperaturdifferenz der nördlichen Hemisphäre in den Wintermonaten während diesen Phasen an. Diese Faktoren hätten laut Modellierungsergebnissen vor allem im Winterhalbjahr eine verstärkte Tiefdruckbildung über dem westlichen Mittelmeer begünstigt. «Den zugrundeliegenden Mechanismus können wir mit Hilfe der neuen Daten nun besser verstehen und über die vergangen 1,3 Millionen Jahre durchgehend nachweisen.»

(Quellen: Universität zu Köln, University of Wollongong)

Angaben zur Publikation

Hendrik Vogel, Bernd Wagner et al. Mediterranean winter rainfall in phase with African monsoons during the past 1.36 million years, Nature (2019). 
DOI: 10.1038/s41586-019-1529-0

Kontakt

PD. Dr. Hendrik Vogel
Universität Bern, Institut für Geologie und Oeschger-Zentrum für Klimaforschung OCCR
Telefon: +41 31 684 84 96 / hendrik.vogel@unibe.ch

Professor Dr. Bernd Wagner
Universität Köln, Institut für Geologie
wagnerb@uni-koeln.de

Probennahme des Sedimentkerns
Probennahme des Sedimentkerns im Rahmen der Voruntersuchungen 2007 (c) Hendrik Vogel
Ohridsee
Aufnahme des Ohridsees vom Galicica Pass im Südosten (c) Hendrik Vogel